09-05-1938

(Letzte Bearbeitung / last updated on 31/10/2024)

Brief von Adolf Guckenheimer, seiner Schwägerin Toni Hochstädter und seinem Schwager Karl Hochstädter aus Amsterdam an Jenny Selig in Chicago vom 9. Mai 1938. / Letter from Adolf Guckenheimer, his sister-in-law Toni Hochstädter and his brother-in-law Karl Hochstädter from Amsterdam to Jenny Selig in Chicago dated May 9th of May 1938.

Transkription / Transcription

EnglishTopnächster Brief

Amsterdam, 09/05/1938

Meine Lieben AIle! Euren l. [lieben] Brief dieser Tage [haben wir] empfangen und daraus Euer bestes Wohl ersehen, was G.s.D. heute die Hauptsache ist. Vor einigen Tagen habe ich unsere Lieben in Amsterdam besucht, und diese sind G.s.D auch wohl und munter. So möchte ich die gute Gelegenheit benutzen, um Euch, meine Lieben, ausführlich zu schreiben, nämlich bei uns wird das Riches1[Deutsch: Risches, Jiddisch: risches, Hebräisch: risch’ut רשעוּת , siehe Website von Günny Haim.] immer stärker und ist bald nicht mehr auszuhalten, so hätte ich l. [liebe] Jenny nochmal die Bitte an Dich zu appellieren, vielleicht wäre es Dir doch möglich, für mein Enkelchen Liselotte [etwas] zu tun, denn so eher die Kinder weg können, desto schneller lernen sie die Sprache, und sind aus dem Geisterland raus. Das sind meinem l. [lieben] Settchen & mir die größten Sorgen. Was Du l. [liebe] Jenny in Deinem letzten Briefe schreibst wegen Hilfsverein, sehen wir auch hier, und wollen wir sehen, was derselbe tun kann. Am liebsten wäre uns, sie in eine gute Familie unterzubringen, die möchten beide Mädchen, [sie] sind lieb, brav & ich als Großvater darf sagen, auch schön, und wäre es schade, wenn dieselben es nicht gut treffen sollten, denn alles kann ich ihnen mitgeben, nur kein Glück. Also l. [liebe] Jenny sehe mal hin, vielleicht hätten wir doch noch Sonnenschein an unsren Kleinen, und Du würdest was Passendes machen. L. [liebe] Jenny Du darfst nicht böse sein, wenn ich schon wieder an Dich herantrete, aber wenn Ihr wüsstet, wie schlimm es hier ist, und wirst Du meinen Standpunkt verstehen. Ich will schließen mit dem besten Grüßen an Dich, Deinen l. [lieben] Mann & Kinder, Euer Vetter Adolf

L. [Liebe] Tante Sophie! Auch aus Deinen l. [lieben] Zeilen habe [ich] das beste Wohl von Dir gelesen & wünsche Dir auch weiterhin alles, alles Gute, damit Du l. [liebe] Tante noch Dich freust an Deinen Kindern & Enkel erleben möchtest, dies wünscht von ganzen Herzen Dein Neffe Adolf

Meine Lieben Alle, wenn ich auch schon lange lange nichts mehr von Euch hörte, bin ich in Gedenken bei Euch.  Uns hat das Schicksal so grausam mitgenommen, unsere lb. [liebe] gute Bertel durften wir nicht behaltet, es ist jetzt bald 1 Jahr, daß unsere geliebte Bertel uns verlassen hat. Wir freuten uns mit lb. [lieben] Adolfs Besuch, leider ist alles so entsetzlich schwer in einem fremden Land unterzukommen, jede Guckenheimer Familie zu fragen. Wenn nur bald eine Wendung zum Guten käme. Nun verspreche Euch bald ein Briefchen [zu] schreiben. Entschuldigt, wenn meine Schrift schlecht ist, es geht im Galopp. Euch allen meine Lieben herzliche Grüße und Küsse von Eurer Toni.

Meine Lieben Alle! Auch von mir die allerherzl. Grüße u. Küsse Euer Karl

DeutschTopnext letter next letter

Amsterdam, 09/05/1938

Dear all! We have received your dear letter these days and have seen from it that you are doing well, which, thank God, is the main thing today. A few days ago I visited our loved ones in Amsterdam, and thank God they are also well and happy. So I would like to take this good opportunity to write to you in detail, my dears, because the Riches2[German: Risches, Jiddisch: risches, Hebrew: risch’ut רשעוּת , see website von Günny Haim.] is getting stronger and stronger here and will soon be unbearable, so I would like to appeal to you again, dear Jenny, perhaps it would be possible for you to do something for my little grandchild Liselotte, because the sooner the children can leave, the sooner they will learn the language and be out of this ghostland. These are my dear Settchen’s and my biggest worries. What you wrote in your last letter, dear Jenny, about the aid organization, we can also see here. And let’s see what it can do. We would prefer to place them in a good family, one which both girls would like, because they are kind and well-behaved and, as a grandfather, I can say they are also beautiful. It would be a shame if they didn’t do well, because I can give them everything but luck. So dear Jenny, take a look, maybe we would still have sunshine on our little ones and you would do something suitable. Dear Jenny, you mustn’t be angry if I approach you again, but if you knew how bad it is here, then you would understand my point of view. I would like to close with best wishes to you, your dear husband and the children,
Your cousin Adolf

Dear Aunt Sophie! I also read the very best from your dear lines and wish you all the best for the future, so that you, dear aunt, can still enjoy your children and experience grandchildren, this is what I wish with all my heart
your nephew Adolf

My dearest friends, even though I haven’t heard from you for a long, long time, I am with you in thought. Fate has taken us so cruelly, we were not allowed to keep our dear good Bertel, it is now almost 1 year that our beloved Bertel has left us. We were so happy with Adolf’s visit. Unfortunately, it is terribly difficult to find a home in a foreign country and to ask every Guckenheimer family. If only things could change for the better soon. I promise to write you a letter shortly. Sorry if my handwriting is poor, it’s going at a gallop. Warm greetings and kisses to you all, my dears,
from your Toni

Dear all! Warmest greetings and kisses from me too, your Karl

Anmerkungen / Notes