(Letzte Bearbeitung / last updated on 31/10/2024)
Brief von Settchen und Adolf Guckenheimer an ihre Enkeltochter Lieselotte und Familie Selig in Chicago am 1. September 1941. / Letter from Settchen and Adolf Guckenheimer to their granddaughter Lieselotte and the Selig family in Chicago at 1st of September 1941.
↓ Transkription / Transcription
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(Nr. 48) Frankfurt, 01/09/1941
Meine Lieben! Jetzt haben wir wieder seit 1. Aug. keine Nachricht & sind schon wieder Briefe hier vom 16 August, hoffe jedoch bestimmt, bis Euch dieser Brief erreicht, daß wir auch solchen von Euch haben, auch l. Rudolfs Brief ist leider bis heute noch nicht eingetroffen & sind wir die einzigen in unserem Bekanntenkreis, wo die wenigste Post bekommt. Tante Johanna Kahn hatte dieser Tage Post von Tante Frieda & Onkel Julius & zwar einen 8 Seiten großen Brief, auch schreiben sie, daß sie Post von Dir l. Lieselotte hatten und fragt nach allen möglichen Neuigkeiten. Am Samstag war Tante Rosa hier & gaben sich ihre Kinder die größte Mühe, Tante R. [Rosa] nach Montevideo zu bekommen, was Ihnen sicher auch gelingen wird, die Telegramme gehen dauernd hin & her. Wir stehen einer neuen Aufgabe gegenüber, wir bekommen zum 1. Okt. die Wohnung gekündigt & sind auf der Suche nach einem Zimmer mit Küchenbenutzung. Unseren Mitbewohnen thut es sehr leid, daß wir nicht zusammen bleiben können. Dieser Tage hatten [wir] Frau Stern gesprochen & sagte sie mir, daß [Du] mit Hellmuth aus warst. Ist die l. Tante Jenny auch mit einverstanden? Ich weiß nicht, von hier aus zu beurteilen, ob dies die richtige Gesellschaft für Dich ist, besprich nur alles mit l. Tante Jenny & habe keine Geheimnisse & sage immer, mit wem und wohin Du gehst & dehne Deine Ausgänge nicht zu sehr aus, denn wenn man tagsüber beschäftigt ist, braucht man viel Ruhe, damit man seinen Verpflichtungen gut nachkommen kann. —
Meine Lieben zum bevorstehenden Jahreswechsel sende [ich] Euch von ganzem Herzen alles Gute und möge der l. Gott all Eure Wünsche im Erfüllung gehen lassen. Ich habe den Wunsch, daß wir uns alle w.G.w. [wenn Gott will] wieder sehen mögen, bitte meine Glückwünsche auch den andern Lieben zu überbringen, verbringt die Feiertage recht angenehm, in Gedanken sind wir bei Euch. Habt Ihr wieder von l. Ruth gehört? Wir nicht und muß ich viel an sie denken. Neue Fragen stelle [ich] heute keine, denn meine anderen Fragen sind ja noch nicht von Dir l. Lieselotte beantwortet, diese thust Du ja vollständig übergehen (wieder leider). Von Tante Toni und Onkel Karl hatten wir diese Woche auch wieder Nachricht & G.s.d. [Gottseidank] auch alles in bester Ordnung, Tante Johanna Herrmann wird in der Zwischenzeit auch an Dich geschrieben haben & wollte Sie die Adr. [Adresse] von Ruth. Zum Schluß empfanget alle meine Lieben die herzlichsten Grüße & Küsse von Eurer Euchl. [liebende] Settchen & Oma
Meine Lieben Alle. [… unleserlich …] Herzl. Grüsse und wünsche alles Gute. Viele Grüße
& Küsse Euer Vetter & Opa
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(No. 48) Frankfurt, 01/09/1941
My dears! Since August 1, we have had no news once again and there are already letters here from August 16. However, I certainly hope that by the time this letter reaches you, we will also have one from you. Unfortunately, the letter from dear Rudolf has not arrived until today either. We are the only ones in our group of acquaintances who receive the least mail. Aunt Johanna Kahn had mail from Aunt Frieda and Uncle Julius these days and it was an 8 page letter. They also write that they had mail from you, dear Lieselotte, and ask for all kinds of news. On Saturday, Aunt Rosa was here. Their children made every effort to get Aunt Rosa to Montevideo, which I am sure you will be successful in achieving. The telegrams keep going back and forth. We are facing a new situation. We are being given notice to quit our apartment on October 1 and are looking for a room with access to a kitchen. Our housemates are very sorry that we cannot stay together. These days we had talked to Mrs. Stern and she told me that you were out with Hellmuth. Does dear Aunt Jenny also agree with that? I don’t know from here whether this is the right companion for you. Just discuss everything with dear Aunt Jenny and don’t have any secrets and always say with whom and where you are going out and don’t extend your exits too much, because when you are busy during the day you need a lot of rest so that you can fulfill your obligations well.
My dear ones for the upcoming New Year, I send you all the best wishes with all my heart and may the good God make all your wishes come true. I have a wish that, God willing, we may all meet once again. I ask you to pass on my congratulations to the other dear ones as well. Spend the feasts quite pleasantly, we are with you in our thoughts. Have you heard from dear Ruth again? We have not and I think of her a lot. I am not asking you any new questions today, because my other questions have not yet been answered by you, dear Lieselotte, and you are completely ignoring them (again, unfortunately). We also had news from Aunt Toni and Uncle Karl this week, and thank God everything is fine. Aunt Johanna Herrmann will also have written to you in the meantime. She wanted Ruth’s address. Finally, all my loved ones, the warmest greetings and kisses from your loving Settchen & Oma.
All my dear ones. [… illegible …] Warmest greetings and best wishes! Many greetings
and kisses your cousin & Opa